Pflege und Altenpflege in Deutschland
Pflege im Alltag gewinnt in Deutschland immer mehr an Bedeutung. Die Pflegeversicherung unterstützt ältere und kranke Menschen mit Geld- und Sachleistungen. Wissen Sie, welche Leistungen Pflegebedürftigen zustehen? Wir zeigen Ihnen, wie Sie einen Pflegegrad beantragen und wie Sie Ihren Anspruch auf bedarfsgerechte Pflege geltend machen können.
Immer mehr Menschen in Deutschland sind in ihrem Alltag auf Pflege angewiesen: Im Dezember 2017 wurden nach Angaben der Bundesregierung gut 3,3 Millionen Menschen gepflegt. Dazu zählen in erster Linie Senioren, deren Selbstständigkeit mit fortschreitendem Alter nachlässt. Aber auch jüngere Menschen können durch einem Unfall oder durch eine schwere Erkrankung pflegebedürftig werden.
Gesetzliche und private Pflegeversicherung
Um eine angemessene Pflege im häuslichen Umfeld oder in einer stationären Einrichtung sicherzustellen, wurde 1995 die soziale Pflegeversicherung eingeführt. Sie ist das Rückgrat der Pflege und Altenpflege in Deutschland. Pflegeversichert sind automatisch alle Bundesbürger über ihre gesetzliche Krankenversicherung. Privat Krankenversicherte sind dazu verpflichtet, eine private Pflegeversicherung abzuschließen.
Gesetzlicher Anspruch auf Pflege
Als Versicherter haben Sie einen gesetzlichen Anspruch auf Geld- oder Sachleistungen der Pflegeversicherung. Die einzige Voraussetzung ist, dass Sie nachweislich pflegebedürftig sind. Um den Grad Ihrer Pflegebedürftigkeit zu ermitteln, kommt ein Sachverständiger der Krankenversicherung zu Ihnen nach Hause. Er führt mit Ihnen ein Begutachtungsverfahren durch und spricht dann seine Empfehlung für einen bestimmten Pflegegrad aus.
Was sind Pflegegrade?
Seit 2016 wird der Pflegebedarf älterer und kranker Menschen in Pflegegraden angegeben. Die unterschiedlichen Pflegegrade geben Auskunft darüber, wie weit die Betroffenen durch physische und kognitive Beeinträchtigungen in ihrem Alltag eingeschränkt sind. Die Höhe der Geld- und Sachleistungen, die Sie von der Pflegeversicherung beziehen, bemisst sich nach dem Pflegegrad, der Ihnen zugeteilt wird.
Pflegegrad 1
Patienten mit Pflegegrad 1 sind nur geringfügig pflegebedürftig. Sie können ihren Alltag weitgehend ohne fremde Hilfe bewältigen. Eine Haushaltshilfe oder Zugehfrau kann sie bei der Haushaltsführung unterstützen.
Pflegegrad 2
Patienten mit Pflegegrad 2 sind durch körperliche und/oder geistige Beeinträchtigungen im Alltag leicht eingeschränkt. Sie benötigen zwei- bis dreimal am Tag Unterstützung durch einen ambulanten Pflegedienst oder pflegende Angehörige. Ab Pflegegrad 2 haben Betroffene Anspruch auf Pflegegeld beziehungsweise Pflegesachleistung.
Pflegegrad 3
Pflegegrad 3 wird festgestellt, wenn schwere motorische Beeinträchtigungen des Patienten vorliegen (bedingt etwa durch Multiple Sklerose, Erkrankungen des Rückenmarks oder Lähmungen einzelner Gliedmaßen) oder aber leichtere mobile Einschränkungen in Verbindung mit einer psychischen oder geistigen Beeinträchtigung.
Betroffene mit Pflegegrad 3 benötigen bei den meisten Alltagsaufgaben Unterstützung durch einen ambulanten Pflegedienst oder pflegende Angehörige.
Pflegegrad 4
Patienten mit Pflegegrad 4 benötigen rund um die Uhr Betreuung. Ihre Pflege erfordert erheblichen Aufwand. Pflegende Angehörige nehmen in der Regel weitreichende Unterstützung durch einen ambulanten Pflegedienst in Anspruch.
Typische Krankheitsbilder bei Pflegegrad 4 sind zum Beispiel fortgeschrittene Multiple Sklerose, fortgeschrittene Demenz oder aber erhebliche körperliche Einschränkungen in Verbindung mit leichter geistiger Beeinträchtigung.
Pflegegrad 5
Patienten mit Pflegegrad 5 sind häufig bettlägerig und benötigen rund um die Uhr Betreuung. Ihre Pflege stellt besondere Anforderungen an die Pflegenden, da nicht nur Alltagsverrichtungen, sondern auch Körperpflege und Nahrungsaufnahme durch das Pflegepersonal vorgenommen werden müssen.
Ursache sind häufig starke körperliche Beeinträchtigungen in Verbindung mit einer fortgeschrittenen Demenzerkrankung.
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Pflegegrad beantragen
Um einen Pflegegrad zu beantragen, reicht ein Anruf oder ein formloser Brief an die zuständige Pflegekasse aus (diese sind den Krankenkassen angeschlossen). Anschließend bekommen Sie ein Antragsformular zugeschickt.
Das Begutachtungsverfahren zur Ermittlung des Pflegegrades wird von einem Sachverständigen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) oder des Dienstes MEDICPROOF (bei privat Versicherten) beim Versicherten zuhause durchgeführt.
Leistungen der Pflegeversicherung
Die verschiedenen Leistungen der Pflegeversicherung werden entweder monatlich oder jährlich gewährt. Der Leistungsumfang ist zumeist nach Pflegegraden gestaffelt.
Pflegegeld
Pflegegeld ist eine Leistung der Pflegeversicherung, die direkt an den Versicherten ausgezahlt wird. Der monatliche Betrag steht dem Pflegebedürftigen zur freien Verfügung. Er kann damit Angehörigen, Freunden oder anderen ehrenamtlichen Pflegepersonen ihren Aufwand für die häusliche Pflege vergüten.
Pflegesachleistung
Als Pflegesachleistung bezeichnet man pflegerische Hilfen, die von ambulanten Pflegediensten oder einzelnen Pflegefachkräften beim Versicherten zuhause erbracht werden. Die Kosten der Pflegeleistungen werden direkt über die Pflegekasse abgerechnet.
Entlastungsbetrag in der Pflege
Der Entlastungsbetrag in der Pflege steht jedem Versicherten mit anerkanntem Pflegegrad zu. Er ist eine zweckgebundene Sachleistung in Höhe von 125 Euro und kann für zusätzliche Entlastungs- und Betreuungsangebote im Alltag verwendet werden.
Kurzzeitpflege
Ab Pflegegrad 2 übernimmt die Pflegeversicherung einen Teil der Kosten für die Kurzzeitpflege. Es handelt sich dabei um eine vorübergehende stationäre Pflege von Personen, die normalerweise im häuslichen Umfeld von ihren Angehörigen gepflegt werden.
Verhinderungspflege
Wenn pflegende Angehörige kurzfristig verhindert sind, zahlt die Pflegeversicherung bis zu sechs Wochen im Jahr die Kosten für eine Ersatzpflegekraft. Dies bezeichnet man als Verhinderungspflege. Die Pflegekraft oder der ambulante Pflegedienst stellt eine angemessene Pflege im häuslichen Umfeld sicher.
Tages- und Nachtpflege
Tagespflege und Nachtpflege sind ein teilstationäres Betreuungsangebot für Pflegebedürftige, die zuhause von ihren Angehörigen versorgt werden. Es handelt sich dabei um eine Zwischenlösung für die Zeit, wenn die Besuche eines ambulanten Pflegedienstes nicht mehr ausreichen, eine vollstationäre Unterbringung im Pflegeheim aber noch nicht notwendig ist.
Pflegeformen
Je nach Krankheitsbild oder Pflegegrad des Betroffenen können unterschiedliche Formen der Pflege erforderlich werden. Die Maßnahmen der Grundpflege, Behandlungspflege oder Intensivpflege sollen das Wohlergehen des Betroffenen sichern und ihm dauerhaft die bestmögliche Lebensqualität gewährleisten.
Grundpflege
Als Grundpflege in der Altenpflege bezeichnet man die pflegerische Versorgung eines Menschen, der alltägliche Grundverrichtungen nicht mehr eigenständig ausführen kann. Zur Grundpflege zählt insbesondere die tägliche Hilfestellung in den Bereichen Körperpflege, Ernährung und Mobilität.
Behandlungspflege
Die Behandlungspflege umfasst medizinische Maßnahmen für Pflegebedürftige, die durch eine examinierte Pflegekraft im häuslichen Umfeld oder in einer Pflegeeinrichtung durchgeführt werden. Ihr Ziel ist es, pflegebedürftige Patienten bei der Heilung zu unterstützen und die Aufenthaltsdauer im Krankenhaus zu verkürzen.
Behandlungspflege ist eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (nicht der Pflegeversicherung!) und wird vom behandelnden Arzt verordnet.
Intensivpflege
Ambulante Intensivpflege ermöglicht schwerstpflegebedürftigen Menschen ein weitgehend selbstbestimmtes Leben im häuslichen Umfeld. Sie werden dabei 24 Stunden am Tag von examinierten Pflegefachkräften versorgt. Man bezeichnet diese Pflegeform auch als häusliche oder außerklinische Intensivpflege.
Pflege-Dienstleister
Nicht jeder alte oder kranke Mensch ist auf stationäre Pflege in einem Alten- oder Pflegeheim angewiesen. Viele Pflegebedürftige können auch in der vertrauten Umgebung ihres eigenen Zuhauses angemessen versorgt und betreut werden. Ihre Angehörigen müssen die Pflege nicht alleine leisten. Sie können sich professionelle Unterstützung von einem ambulanten Pflegedienst oder von einer 24-Stunden-Pflegekraft holen.
Ambulanter Pflegedienst
Ambulante Pflegedienste kommen zu pflegebedürftigen Menschen nach Hause und ermöglichen ihnen ein Leben in ihrer vertrauten Umgebung. Sie unterstützen pflegende Angehörige und übernehmen Betreuungsmaßnahmen, Aufgaben in der Pflege und in der Haushaltsführung, die die Pflegebedürftigen selbst nicht mehr oder nur noch teilweise ausführen können.
24-Stunden-Pflege
Mit 24-Stunden-Pflege ist meistens die Betreuung durch eine Pflegekraft aus dem europäischen Ausland gemeint. Die Pflegekraft lebt in einem Haushalt mit dem Pflegebedürftigen und gewährleistet so eine ständige Rufbereitschaft. Für viele ältere Menschen ist diese Form der häuslichen Pflege die einzige Alternative zu einem Pflegeheim.
Absicherung der Pflege
Pflegezusatzversicherung
Die Leistungen der Pflegeversicherung decken immer nur einen Teil der tatsächlich anfallenden Pflegekosten ab. Als Ergänzung können Sie eine private Pflegezusatzversicherung abschließen. Diese soll im Pflegefall entstehende Versorgungslücken schließen, das heißt sie finanziert die Leistungen, die Ihre Pflegeversicherung nicht abdeckt.
Pflegestärkungsgesetz
Die Pflegestärkungsgesetze I, II und III sind seit 2015 nacheinander in Kraft getreten. Ziel der Neuerungen war es, die Situation von Pflegebedürftigen, ihrer Angehörigen und des Pflegepersonals zu verbessern. Die Umsetzung der Pflegestärkungsgesetze hat höhere Leistungen, eine Stärkung der ambulanten Pflege und die Gleichstellung demenzkranker Patienten gebracht.
Pflegezeitgesetz
Das Pflegezeitgesetz regelt arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen für Angehörige von pflegebedürftigen Menschen. Konkret sind dies Freistellungsmöglichkeiten, Lohnfortzahlung, Sozialversicherungen und Kündigungsschutz. Die Regelungen sollen den Arbeitnehmer schützen und eine angemessene Pflege in akuten Situationen ermöglichen.
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